
Ein Jahr nach dem Anschlag von Hanau
Am 19. Februar 2020 starben bei einem Anschlag in Hanau neun Menschen, später tötete der rassistisch motivierte Täter seine Mutter und sich selbst. Ein Anschlag, den viele, die sich mit den Opfern identifizieren konnten, als Zäsur empfunden haben, der aber auch verstörend unemotional, wenn nicht sogar gleichgültig von Teilen der Gesellschaft und der Medien abgehandelt wurde.
Die neun Opfer hießen Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov, aber über sie wurde weniger berichtet als über den Täter. Das ändert sich jetzt hoffentlich am ersten Jahrestag dieses Attentats.
Wahrscheinlich wird es viele verschiedene Artikel zum Thema geben, aber das geschriebene Wort eignet sich vielleicht nicht besonders gut, um die Folgen dieser verheerenden Tat deutlich zu machen – im Gegensatz zum gesprochenen Wort. Deshalb hier zwei Hörempfehlungen. Schon jetzt ist "Der letzte Tag", das knapp eine Stunde lange Feature von Sebastian Friedrich, erschienen, das hier gepiqd ist. Es rekonstruiert mit Angehörigen und Überlebenden den Tag des Anschlags und zeigt, wie Alltagsrassismus, Segregation und kaum überwindbare Klassenunterschiede den Alltag in der Hanauer Weststadt prägen.
Noch ausführlicher, noch näher an den Opfern, dürfte die Podcast-Reihe "190220 – Ein Jahr nach Hanau" sein, die es ab dem 12. Februar exklusiv beim Streamingdienst Spotify zu hören gibt. In "190220" arbeiten die beiden Journalistinnen Sham Jaff und Alena Jabarine an der Rekonstruktion der Tat, sie haben mit den Angehörigen gesprochen, Ermittlungsakten studiert und fragen, warum es ein Jahr nach dem Anschlag noch immer offene Fragen gibt.
Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/ein-jahr-nach-dem-rassistischen-ter...
Ein Jahr nach dem rassistischen Terroranschlag
Der letzte Tag
Das Attentat von Hanau
Feature, 55 min 16.02.2021 Von Sebastian Friedrich
Jaweid Gholam sitzt auf einer Mauer an einem kleinen Platz in der Hanauer Weststadt, zieht
an seiner Zigarette und blickt auf den Eingang des Jugendzentrums. Hier, wo er seine
Kindheit und Jugend verbracht hat, traf er sich am 19. Februar 2020 mit seinem Freund
Ferhat Unvar. Beide wollten am Abend noch kurz in eine Bar gehen, um ein Fußballspiel zu
schauen. Jaweid entschied sich spontan, doch schon nach Hause zu gehen. Ferhat wollte
noch kurz in der Bar vorbeischauen. Jaweid überlebte, Ferhat nicht. Er wurde ermordet aus
rassistischen Motiven. Genauso wie Sedat Gürbüz, Fatih Saraçoğlu, Kaloyan Velkov,
Gökhan Gültekin, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović und Vili Viorel
Păun. Anschließend tötete der Attentäter seine Mutter und sich selbst in seinem Elternhaus.
Nur wenige Meter vom Jugendzentrum entfernt. Das Feature rekonstruiert mit Angehörigen
und Überlebenden den Tag des Anschlags und zeigt auf, wie Alltagsrassismus, Segregation
und kaum überwindbare Klassenunterschiede den Alltag in der Hanauer Weststadt prägen.
Ursendung
Der letzte Tag
Das Attentat von Hanau
Von Sebastian Friedrich
Regie: Hannah Georgi
Produktion: Deutschlandfunk Kultur/WDR/NDR 2021
Länge: 55'11
Sebastian Friedrich, 1985 in Halle (Saale) geboren, schreibt Bücher und Essays, macht
Radiofeatures und Fernsehbeiträge, hält Vorträge und moderiert Veranstaltungen. Er
beschäftigt sich mit Faschismus und Rassismus, der Entwicklung des Kapitalismus und
seiner Alternativen, Diskurstheorie und Klassenanalyse. Letzte Features: „Diskriminierung im
Jobcenter?“ (NDR 2019) und „Die Ost-West-Migrantin“ (NDR 2020).